3. Szene

Morgens: Die Bühne ist hell erleuchtet. Maria und Anna sitzen am Tisch vor ihrem Frühstück. Dorothea stürmt in die Küche hinein.
Dorothea: Maria, die Ostfriesen kommen! Ich habe sie schon gesehen. 
(sie rennt zum Fenster und winkt ihre beiden Schwestern herbei) 
Schaut euch das an! Sie haben ein großes Gefolge dabei, eine richtig große Reiterschar.
(Das Geräusch der eintreffenden Pferde auf dem Pflaster ist zu hören.)
Maria:

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Das hat nichts zu bedeuten. 
Solange sie keine Kanonen dabei haben, müssen wir nichts befürchten.
Dorothea:  Maria, werden sie uns aus dem Schloss werfen?
Anna:

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Ach, Dorothea, hab` keine Angst! 
So schnell wird ihnen das nicht gelingen. 
Noch ist Onkel Johann aus Oldenburg da. 
Er wird diesen Ostfriesen ordentlich einheizen, wenn sie uns etwas zu Leide tun.
Maria: Du hast Recht, Anna. So einfach ist es nicht, uns zu vertreiben. Ich werde Ihnen entgegen gehen.
Anna:    Sollen wir mitkommen?
Maria:   Nein, bleibt ihr ruhig hier. Ich mache das schon.
(Maria geht.) 
Dorothea: Gut, dass wir Maria haben.
Anna: 

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Du sagst es. Auch wenn ich älter als Maria bin, so bin ich doch zu kränklich, um diese Aufgaben zu übernehmen.

( Die Uhr schlägt Mitternacht. Danach rumpelt es. Jemand stöhnt. Anna und Dorothea fallen sich zitternd in die Arme.)

Anna: Um Himmels Willen. Sie werden Maria doch nichts angetan haben?
Dorothea: (ängstlich, aber trotzdem mutig) Ich werde nachsehen!
Anna: Nein, nicht auch noch du. Bleibe bitte hier.
Dorothea: Wir müssen Maria helfen!
(Sie geht zur Tür. Als sie diese öffnen will, kommt ihr Maria schon entgegen.)
Maria:   Kommen Sie herein, Graf Edzard. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?
Edzard: Gerne, mein Fräulein. - Aha, dies sind also Ihre Schwestern? 
Maria: Richtig, Graf Edzard. Dies ist meine ältere Schwester Anna und dies meine jüngere Schwester Dorothea.
Edzard: Freut mich, Sie kennen zu lernen. Auch Ihnen mein Beileid zum Tode Ihres Bruders. 
Anna:  (Tonlos) Vielen, (sie räuspert sich) vielen Dank.
(Dorothea nickt nur. Graf Edzard nimmt sich den von Maria angebotenen Becher, setzt sich, legt dabei aber seine Beine überkreuzt auf den Tisch.)
Edzard: Ich weiß, Sie werden sich fragen, warum ich hier mit meinem Gefolge auftauche. -Pause-  Nun, ja! - Ich bin gekommen, um alte  Streitigkeiten endlich ein für alle Mal zu begraben. Es wird Zeit, dass Ostfriesland und Jever ein Ganzes werden. Ein großes, starkes Ostfriesland. Deshalb und natürlich auch, weil Jever keinen Häuptling mehr hat, biete ich Ihnen, dem Fräulein von Jever, meine Hilfe an.
Maria: Ach! 
(Dabei knarrt die Truhe, weil Pfiffikus den Deckel etwas lüftet. 
Aber keiner beachtet das Knarren.)
Edzard:    (lacht verlegen, dann:)  
Mir ist da so eine Idee gekommen. 
Was halten Sie davon, wenn eine von Ihnen einen meiner Söhne heiratet?
Dorothea: Wir sollen heiraten? Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Davon war noch nie die Rede.
Anna: Sie wollen uns doch nicht mit ihrem ältesten Sohn verheiraten?
(Maria wendet sich nachdenklich ab.)
Edzard: Natürlich nicht. Mein Ältester ist wirr im Kopf, er wird niemals fähig sein, eine Regierung zu übernehmen. Ich dachte mehr an Graf Enno.
Dorothea: Graf Enno ist aber doch erst 12 Jahre alt.
Edzard: Darum wird die Hochzeit auch erst in 7 Jahren stattfinden.
Maria: Sie haben sich ja alles reiflich überlegt, mein lieber Graf Edzard.
Edzard: Mein liebes Fräulein Maria. Ich habe das große und mächtige Ostfriesland zu regieren. 
Ich bin es gewohnt, alles haargenau bis ins kleinste Detail durchzuplanen.
Maria: Ich verstehe! Jever ist natürlich gegenüber dem großen Ostfriesland ein Fliegenklecks.
Edzard:  Nun, ja.
Maria: Aber dennoch eine Perle, nicht wahr?
Edzard: Das will ich nicht abstreiten, liebstes Fräulein.
Maria sagt erst nichts, sie wendet sich ab. 
Dann aber dreht sie sich um und reicht Edzard die Hand.
Maria: Ich und meine Schwestern sind einverstanden.
Edzard:  (steht auf und stellt den Becher ab)  
Gut, dann zeigen Sie mir bitte meine
Räumlichkeiten. 
Ich bin sehr müde von dem langen morgendlichen Ritt.
Maria: Gut! Dann folgen Sie mir bitte.
Maria und Edzard gehen ab. 
Dorothea: Anna, ich will keinen Ostfriesen heiraten.
Anna: Glaubst du, ich! 
Ich glaube, Vater hätte auch was dagegen, wo er sich doch ständig mit den Ostfriesen stritt.

(Anna stellt die Uhr auf die richtige Zeit ein.)

Dorothea:  Und sie Christoph vergiftet haben.
Anna: Still, Dorothea. Das wissen wir doch gar nicht. - Maria hat Recht. Wir haben keine bessere Wahl. Wenn eine von uns einen Ostfriesen heiratet, dann können wir in Jever bleiben und ....
Dorothea: ... und versuchen, Jever weiter nach dem Willen unseres Vaters zu regieren.
Anna: Richtig! Für Jever und für uns. Eine für alle!
(Plötzlich klappt die Truhe laut zu.)
Anna: Was war das schon wieder? - Lass` uns verschwinden! Seitdem die Ostfriesen hier sind, ist mir dieser Ort nicht mehr geheuer.
Dorothea:  Du hast Recht, irgendetwas stimmt hier nicht!
Die beiden gehen ab. 
D
ann ein lautes Kichern, dann ein Stöhnen, und aus der Kiste heraus hört man nur noch:
Pfiffikus: Helles Licht, so schrecklich wie elektrisches Licht.
Pfiffikus stöhnt noch mal. Musik!  Es wird dunkel. - 
Die Uhr schlägt wieder Mitternacht.
Die Gespenstermusik spielt wieder. 
Die Geheimtür öffnet sich erneut. Ratio und Skepso erscheinen.
Skepso:  Aha, unser Taggespenst ist noch nicht aufgestanden.
Ratio: Lass` ihn schlafen. Wir können unsere Runde durch die Kammern auch ohne ihn machen.
Skepso: Kommt nicht in Frage. Ich will wissen, ob die Ostfriesen im Haus sind.
Ratio:  Das stellen wir auch ohne ihn fest.
Skepso: Ich will aber, dass dieser Schlaumeier mitkommt.
Ratio: Dann weck` ihn doch. Aber wenn er uns den Spaß verdirbt, bist du Schuld. Schließlich haben wir schon lange nicht mehr einen Menschen erschreckt.
Skepso öffnet die Truhe.
Skepso:  Stimmt! Selbst Maria ließ sich nicht sonderlich von uns erschrecken. – 
Hey, Schlaumeier! Es ist Zeit aufzustehen.
Pfiffikus: Lass` mich noch 5 Minuten schlafen, ja?
Skepso: Dazu haben wir keine Zeit. Du stehst jetzt auf. - 
Und ich warte nicht
lange, sonst - sonst - hole ich eine Taschenlampe.
(Pfiffikus springt auf.)
Pfiffikus: Uaaah! Nur keine Taschenlampe. Bitte keine Taschenlampe.
Ratio und Skepso lachen.
Pfiffikus: Ach, ja! Richtig! Wir sind ja im 16. Jahrhundert, da gab es ja keine Taschenlampen.
Ratio:  Aber nun bist du ja einmal wach und kannst uns auf unserem nächtlichen Rundgang folgen.
Pfiffikus: Nein! Das geht nicht.
Skepso:  Warum soll das nicht gehen? Dazu sind wir doch hierher gereist.
Pfiffikus: Wir müssen noch einmal reisen.
Skepso: Das kommt überhaupt nicht in Frage.
Pfiffikus: Nicht sehr weit. Nur so ca. 10 Jahre weiter, ins Jahr 1527.
Ratio:

Ich habe dir doch gesagt: Lass` uns allein unseren Rundgang machen. - 
Pfiffikus hat doch immer etwas anderes vor.

Skepso: Doch nicht jetzt, Pfiffikus. Die Ostfriesen sind doch alle im Haus. Das will ich nicht verpassen.
Pfiffikus: In der Zeit, in die ich reisen will, sind noch viel mehr Ostfriesen hier.
Skepso: Du spinnst.
Pfiffikus:    Doch! Erinnert ihr euch an das Heiratsversprechen der Ostfriesen?
Ratio: Das haben sie doch nicht gehalten.
Skepso: Ich habe es euch ja schon damals gesagt. Eine Hochzeit zwischen den Häuptlingshäusern Ostfriesland und Jever wird es nicht geben.
Pfiffikus: Richtig! Die Ostfriesen sind nicht nach 7 Jahren gekommen, um Maria oder eine ihrer Schwestern zu heiraten, sondern erst nach 10 Jahren.
Ratio: Stimmt! Sie haben gewartet, bis der Onkel Marias, Graf Johann von Oldenburg gestorben ist, um sich dann Jever ohne Heirat zu nehmen.
Skepso: Diese gemeinen Ostfriesen! Maria, Anna und Dorothea haben sie einfach in kleine Kammern verfrachtet und sich ein lustiges Leben gemacht.
Pfiffikus: Genau! Deshalb will ich auch in die Zeit reisen, um den Ostfriesen eine gehörige Portion Angst einzujagen.
Skepso: Fein, ich bin dabei.
Ratio: Immer dieser Stress, aber wenn ihr unbedingt wollt, dann bin ich auch dabei.
Pfiffikus: Gut, dann fasst euch wieder an die Hände.  

Sie bilden wieder einen Kreis, lassen ihre Köpfe hängen, um sich zu konzentrieren. Dann setzt die Musik ein und sie fangen an zu singen und sich zu drehen. Mit der Musik verschwinden sie von der Bühne.

Vorhang

Theater

Personen Prolog 1. Szene 2. Szene 4. Szene 5. Szene Schluss